In „ABSTAND“ steht unmittelbar nach einer Harmonieformanalyse die Anzahl von Verschiebungsschritten, die notwendig waren, um das Muster der Projektionstonleiter auf die verglichene Harmonie abzubilden. Verdeutlichen wir uns dies an einem Beispiel:
Das aktuelle Tonsystem sei (wieder einmal) das Tonsystem C_Dur mit der Verankerungstaste 60 (=c’) und der Breite 12. Eine Harmonieformanalyse der Harmonie {0,3,7} führt bei jedem beliebigen Mollakkord zu der angegebenen Aktion. Eine Stimmungslogik der Form
HARMONIE Moll = {0,3,7} LOGIK Xantippe Taste X = C_Dur [ FORM Moll -> Umst ( 7 ) ] |
führt beim Erkennen eines beliebigen Mollakkordes die Umstimmung Umst durch und übergibt an deren ersten Platzhalter den Wert 7. Wir haben hier also einen stets konstanten Übergabewert vorliegen. Mit dem ausgezeichneten Parameter ’ABSTAND’ haben wir einen variablen Übergabewert, welcher an den entsprechenden Platzhalter der Umstimmung genau die Anzahl von Verschiebungen übergibt, die nötig waren, um die Projektionstonleiter auf die abgefragte Harmonie abzubilden. Was bedeutet dies?
Nehmen wir an, die Stimmungslogik Xantippe sei aktiv, und wir schlagen einen c-moll-Akkord an. Um die Projektionstonleiter (in ihr steht die Harmonie {0,3,7}) auf die abgefragte Harmonie Moll abzubilden ist keine Verschiebung nötig, in dem ausgezeichneten Parameter ’ABSTAND’ steht nun also der Wert 0. Dieser Wert wird an die Umstimmung Umst übergeben. Wir wollen an dieser Stelle noch nicht darauf eingehen, was diese Umstimmung macht, sondern nur ermitteln, mit welchem Übergabewert sie aufgerufen wird. Wenn nun ein d-moll-Akkord angeschlagen wird (die Projektionstonleiter hat nun den Inhalt {2,6,9}), so sind zwei Verschiebungen nötig, um die PT auf die abgefragte Harmonie ( = {0,3,7} ) abzubilden, also beide Harmonien ’zur Deckung zu bringen’. Bei einem angeschlagenen fis-moll-Akkord hat ABSTAND den Wert 6, bei b-moll den Wert 102 .
Was passiert nun, wenn sich die Verankerungstaste des aktuellen Tonsystem verändert, also nicht mehr auf c’ steht? In diesem Fall bezieht sich die Anzahl nötiger Verschiebungen nicht mehr auf die Taste 60, sondern eben auf die neue Verankerungstaste. Setzen wir in unserem Beispiel die Verankerungstaste auf 62 (=d’), z.B. durch eine Umstimmung, die durch einen Tastendruck ausgelöst wurde3 :
HARMONIE
Moll = {0,3,7} UMSTIMMUNG Anker62 = 62 [ ] LOGIK Xantippe Taste X = C_Dur [ FORM Moll -> Umst(ABSTAND) Taste A -> Anker62 ] |
Der Anker des aktuellen Tonsystems sei also 62. Welchen Wert erhält ABSTAND bei einem angeschlagenen d-moll-Akkord? Natürlich den Wert 0, da die zu vergleichende Harmonie {0,3,7} mit der 0 immer die Verankerungstaste identifiziert. Ein fis-moll-Akkord setzt ABSTAND auf 4, ein c-moll-Akkord auf 10.
Bei einer Harmonieformanalyse ist der Wert, der in ABSTAND festgehalten wird, ist also immer gleich der Anzahl Verschiebungen bezogen auf die momentane Verankerungstaste. Tonal interpretiert liefert uns ABSTAND die Stufe, auf der der angeschlagene Akkord innerhalb der momentanen Tonart (durch den Anker angegeben) steht.
Die Benutzung von ABSTAND ist nur unmittelbar nach einer Harmonieformanalyse sinnvoll, da zu einem späteren Zeitpunkt kein Bezug mehr zur zuletzt erkannten Harmonieform existiert; dennoch kann ABSTAND theoretisch auch ohne Harmonieform-Auslöser benutzt werden, z.B.
LOGIK Meier Taste M = [ Taste X -> Umst(ABSTAND) ]
|
Eine sinnvolle Anwendung findet der ABSTAND-Parameter bei der Programmierung einer besonderen mutierenden Stimmung, dem Wandern im tonalen Netz. In der Beschreibung der Demonstrationslogiken im Anhang finden Sie eine Kurzbeschreibung des Prinzip des tonalen Netzes.
Dieser Sachverhalt lässt sich in einer sehr kompakten Form programmieren4 :
LOGIK
Tonales_Netz Taste T = C_Dur [ FORM Dur -> Transponiere(ABSTAND) FORM Moll -> Transponiere(ABSTAND) ] UMSTIMMUNG Transponiere(Distanz) = @ + Distanz [ ] HARMONIE Dur = {0,4,7} Moll = {0,3,7} |
In diesem Programmierbeispiel ist die Harmonieformanalyse noch nicht sehr flexibel, da sie nur auf vollständig angeschlagene Dur- bzw. moll-Akkorde reagiert. Doch gerade diese Tatsache lässt sich ausnutzen, um Ihnen einen Eindruck davon zu vermitteln, wie die Harmonieanalyse bei MUTABOR vonstatten geht. Wenn Sie nämlich die Logik ’Tonales_Netz’ aktivieren und die Quinte c—g anschlagen, so wird diese im Frequenzverhältnis 3:2 (rein) intoniert. Aufgrund der Konstruktion des tonalen Netzes ist aber die Quinte d—a nicht rein. Diesen Effekt sollten Sie einmal ausprobieren. Lassen sie die Quinte d—a liegen und schlagen Sie nun ganz kurz den Ton Fis an. In diesem Moment erkennt MUTABOR die Harmonie {2,6,9} als eine um 2 Tasten verschobene Harmonieform von {0,4,7} und stimmt um, indem die Intervallstruktur des reinen C-Dur nun auf den Ton D übertragen wird. Sofort wird die Frequenz des Tones a korrigiert und die Quinte d—a ist rein gestimmt.
Für eine Anwendung in der Praxis ist es jedoch wünschenswert, dass auch Quinten und Terzen erkannt werden. Hierzu müssen wir die Harmonien neu deklarieren5 :
HARMONIE
Quinte = {0,7} Dur = {0,4,*7} Moll = {0,3,7} LOGIK Netz Taste N = C_Dur [ FORM Quinte -> Transponiere(ABSTAND) FORM Dur -> Transponiere(ABSTAND) FORM Moll -> Transponiere(ABSTAND) ] |
Nun werden Quinten und Terzen sofort erkannt und rein gestimmt.6 Sie spielen nun in einem mutierenden Tonsystem der reiner Stimmung. Dies ist ein Beispiel dafür, dass mutierende Stimmungen nicht zwangsweise etwas exotisches sind, sondern durchaus auch in Bereichen tonaler Harmonik angewandt werden können.